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Haushaltsrede im Balinger Gemeinderat

von Albrecht M. Raible

Haushaltsrede 2025

Gemeinderatssitzung am 28.01.2025

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Abel, sehr geehrter Herr Bürgermeister Verrengia,
Herr Baudezernent Wagner, meine Damen und Herren,

 

die Finanzlage der Stadt Balingen hat sich leider und erwartungsgemäß weiter verschlechtert. Die Haushaltslage ist angespannt. Der Ergebnishaushalt schließt planerisch mit einem Fehlbetrag von ca. 3,4 Millionen Euro ab. Dies wird zumindest vorläufig so bleiben. Die Rahmenbedingungen sind so: Die schwierige Weltlage mit andauernden Kriegen in der Ukraine und im Gaza-Streifen / Israel, drohende Handelskriege, Flüchtlings- und Migrationsproblematik, Klimawandel und notwendige, aber teure Energiewende, zunehmender Rechtspopulismus auch in Europa, eine schwächelnde Wirtschaft, Unzufriedenheit mit der Politik. Dies alles trifft auf ständig neue Aufgabenforderungen. Ich nenne nur gesetzliche Kinderbetreuungs- und Ganztagesschulansprüche, hohe Brandschutzvorgaben. Und dies trifft zusammen mit hohem Sanierungsbedarf städtischer Gebäude, städtischer Kanäle und Straßen, aber auch hohem Anspruchsdenken, das über viele Jahre geweckt worden ist und an das wir uns gewöhnt haben.

 

Zudem besteht ein wahrscheinliches Risiko, dass die Einnahmen durch die schwächelnde Wirtschaft eher noch geringer ausfallen werden als angesetzt. Insbesondere die Prognose der Gewerbesteuereinnahmen erscheint uns risikobehaftet. Wir müssen uns im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage unserer Verantwortung noch bewusster sein, die vorhandenen Mittel effizient und mit Bedacht einzusetzen: Es ist in gesteigertem Maße notwendig, Ausgaben sorgfältig zu prüfen, das wirklich Notwendige zu tun, auf Wünschenswertes ggf. zu verzichten – Stichwort: Erweiterung des Ruhebereichs Sauna, auch das eine oder andere zu schieben – Stichwort Sanierung Jugendgästehaus. Verabschieden müssen wir uns auch vom Gedanken, der Staat könne alles richten, was in der Gesellschaft schief geht oder nicht optimal läuft – Stichwort Stelle für aufsuchende Sozialarbeit für Notunterkünfte. Von dieser Erwartungshaltung müssen wir Abstand nehmen. Mehr Eigenverantwortung und Eigeninitiative sind gefragt.

 

Pflichtaufgaben müssen Vorrang vor sog. freiwilligen Aufgaben haben. Aber wir können Letzteres auch nicht völlig zurückfahren: So ist zum Beispiel auch der Erhalt von Sporthallen und Sportplätzen für den Vereinssport für Gesundheit und das gesellschaftliche Miteinander wichtig. Schwimmbäder für Kinder sind zum Erlernen und weiteren Üben des Schwimmens unverzichtbar. Weitere Beispiele für beutende sog. freiwillige Aufgaben: Die Schulsozialarbeit darf u.E. nicht abgeschafft werden, Kunst und Kultur können nicht allein privater Initiative und Finanzierung überlassen werden. Wir müssen immer das gesellschaftliche Miteinander im Auge behalten – das zumindest sollten wir aus den Fehlern im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie mitnehmen.

 

Aus unserer Sicht, der FDP-Fraktion, heißt das: Vorrangig müssen wir den Bestand sanieren und erhalten, Neues bzw. Erweiterungen müssen hintenanstehen. Dabei darf durchaus auch mal neu oder quer gedacht werden, ob nicht Synergieeffekte möglich sind. Und auch der Mut zu Reduzierungen und Aufschub in gut bedachtem Umfang muss aufgebracht werden. Sehr wichtig auch: Die immens gestiegenen Personalkosten müssen eingefangen werden. Zusätzliche Stellen für Freiwilligkeitsaufgaben sind aktuell nicht drin.

 

Aus diesem Grund haben wir mit der Mehrheit hier im Gremium auch die Neuschaffung einer Stelle für aufsuchende Sozialarbeit für „Menschen in Not“ abgelehnt. Wir haben, den drängenden Umständen folgend, in ein neues Gebäude investiert und zusätzlich dafür einen „sozialen Hausmeister“ geschaffen. Mehr ist finanziell nicht vertretbar. Insgesamt bleibt die stetige Steigerung der Personalaufwendungen problematisch. Mit weiterer Digitalisierung und Einsatz von künstlicher Intelligenz könnten sich Prozesse beschleunigen lassen und Beschäftigte entlastet werden. Diesen Weg gilt es konsequent zu beschreiten und zu nutzen. Dies könnte eines Tages zunächst zu einem Stopp des Stellenzuwachses, dann aber auch zu Personalabbau führen – sicher aber erst mittel- bis langfristig.

 

Weiter zu den Personalkosten: Wir fordern eine kritische Prüfung, wo der Verwaltungsaufwand reduziert werden kann. So sind zum Beispiel im Rahmen der Gartenschau dauerhaft geschaffene Stellen – Stadtentwicklung, Tourismus, Bauhof usw. – auf einen nachhaltigen Bedarf zu prüfen und ggf. bei Stellenwechseln nicht wieder zu besetzen. Wie kann der Pflegeaufwand für die vielen Grünflächen in der Stadt, aber auch die großen ungenutzten Flächen auf den Friedhöfen vermindert werden? Auf jeden Fall sollte bei den Friedhöfen der Mut zu weitgehender Kostendeckung bei den Gebühren aufgebracht werden. Es ist nicht einsichtig, dass die Allgemeinheit aus Steuermitteln zugunsten der Erben die Bestattung subventioniert bei Menschen, die über Geld verfügen. Um das Haushaltsdefizit und die Neuverschuldung in 2025 und den Folgejahren zu begrenzen, werden wir weitere Gebührenerhöhungen und ggf. auch Steuererhöhungen vornehmen müssen.


Die Verwaltung möchte auch Parkgebühren in Balingen einführen und hat dafür bereits 250.000 € für 2025 in den Haushalt eingestellt. Die Einführung von Parkgebühren in Balingen sehen wir, die FDP-Fraktion, sehr kritisch. Das kostenfreie Parken in Balingen ist ein Alleinstellungsmerkmal, das die Stadt als Einkaufsstadt weit über die Stadtgrenzen hinaus sehr attraktiv macht. Das ist wertvoll. Und auch viele Stadtteilbewohner nutzen die Innenstadt zum Einkaufen, Einkehren und Verweilen wegen des kostenlosen Parkens. Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Innenstadt nicht zerstören und noch mehr Menschen zum online-Einkauf verleiten. Wenn es Parkgebühren geben sollte, muss das niederschwellig geschehen. Allein der notwendige Gang zum Parkautomaten wird von einer Fahrt in die Stadt abschrecken. Aus unserer Sicht müssen wir zwingend nicht nur viele Kurzzeitparkzonen für 90 Minuten von Parkgebühren freihalten, sondern auch eine gewichtige Zahl an Parkplätzen für drei Stunden. Für wichtig halten wir allerdings, dass viel intensiver die parkenden Autos auf das nicht erlaubte, in Balingen aber durchaus verbreite Nachstellen der Parkscheiben kontrolliert wird. Allein Parkgebühren für Dauerparker über den Tag können wir uns unter Umständen vorstellen. Wir sehen da noch Informations- und Diskussionsbedarf. Festhalten wollen wir, dass unsere heutige Zustimmung zum Haushaltsplan 2025 keine konkludente Zustimmung zur Einführung von Parkgebühren bedeutet.


Die Verwaltung hat im Haushaltsplanentwurf – mal wieder – den Verkaufserlös für das Strassergelände mit 1,65 Millionen Euro eingestellt. Doch dieses Mal droht konkret der Verkauf. Die Konzeptvergabe läuft. Die Mehrheit des Gemeinderates möchte zwei Drittel des Platzes zur Bebauung verkaufen. Das muss aus unserer Sicht, der FDP-Fraktion, dringend nochmal überdacht werden, wenn nicht ein wirklich grandioser Entwurf kommt. Und ein solcher ist bislang nicht in Sicht. Das Strassergelände, die Plaza, wurde von Verwaltung und Bevölkerung während der Gartenschau und auch danach als toller Platz entdeckt und mit Leben gefüllt. Zahlreiche Veranstaltungen, Kultur auf der Plaza, Public Viewing und sicher als Höhepunkt der Christkindlmarkt mit Eisbahn auf der Plaza, das alles hat begeistert und hat einen hohen Wert für die Stadtgesellschaft. All das würde es bei der angestrebten massiven Bebauung nicht mehr geben. Die so positiv aufgenommene neue Konzeption für den Christkindlmarkt müsste wieder eingestampft werden. Keine Bebauung der Plaza, sondern Erhalt als Kulturmeile – dafür haben sich jüngst bei einer online-Umfrage des Zollernalbkuriers bei 1750 teilnehmenden Personen 89 % ausgesprochen. Das ist sicher nicht repräsentativ, aber doch ein deutlicher Fingerzeig. Solche Stimmungen zu ignorieren, fördert weiter die Politikverdrossenheit. Herr Oberbürgermeister, beim Bürgertreff meinten Sie, die Frage sei so nicht zutreffend gestellt, eine komplette Bebauung sei nicht vorgesehen, eine „gewisse Bebauung“ zur Straße „Im Roßnägele“ könne optisch nicht schaden. Ja, das mag sein. Von einer „gewissen Bebauung“ kann aber keine Rede sein, wenn in L-Form oder noch darüber hinaus im Stile der benachbarten Wohngebäude zwei Drittel des Platzes bebaut werden. Dann ist der Veranstaltungsort tot, die Plaza Geschichte. Das Argument, die Stadt benötige den Verkaufserlös zur Finanzierung des Haushalts, ist viel zu kurz gedacht. Zum einen müssten wir dann den Platz wesentlich teurer verkaufen, zum anderen ändert sich an der Vermögenslage der Stadt nichts, wenn wir das Grundstück behalten. Im Gegenteil: Der Wert des Grundstücks wird weiter steigen. Auch hier halten wir ausdrücklich fest: Unsere Zustimmung zum Haushaltsplan 2025 ist keine konkludente Zustimmung zur Teilveräußerung des Strassergeländes!

 

Die Haushaltslage ist schwierig, aber wir dürfen nicht in Panik verfallen. Eine Schwarz-Weiß-Betrachtung ist nicht angezeigt, wir müssen differenziert die Lage betrachten, differenziert diskutieren. Nicht in Wehklagen sollten wir ausbrechen, sondern optimistisch bleiben. In der Investitionsliste für 2025 ist Wichtiges drin: Die Brücke Hürsten in Engstlatt, das Feuerwehrhaus in Streichen, diverse dringende Kanalsanierungen in Frommern, Dürrwangen und Weilstetten, der Neubau der Kindertagesstätte in Endingen, eine neue Küche im Schulverbund Frommern und umfangreiche Unterhaltungsmaßnahmen im Kindergarten Hesselberg. Damit werden auch die Stadtteile berücksichtigt, was versprochen wurde und gehalten werden muss. Und in der Kernstadt sind auch die dringenden Maßnahmen wie Neubau Kindergarten Stadtmitte, Containeranlage für Menschen in Not, Sanierungen an Realschule und Sichelschule, der Kunstrasenplatz im Bereich der Bizerba Arena im Plan verankert. Gemäß dem Feuerwehrbedarfsplan investieren wir kräftig in die Ausstattung der Feuerwehren. Und auch Radwege, Straßen, Feldwege sind berücksichtigt. Wir jammern da gerne auf hohem Niveau. Das eine oder andere aufzuschieben, ist hinnehmbar. Wir fordern von der Verwaltung, dass diese Investitionsliste mit Entschlossenheit dieses Jahr angegangen und umgesetzt wird.

 

Ja, manche Sportstätte, allen voran die Sporthallen der Realschule und des Schulverbunds Frommern, wartet dringend auf Sanierung. Wir haben hierzu die Erstellung einer Sportstättenkonzeption eingeleitet und hoffen auf gute Erkenntnisse. Und unsere Schulen und Kanäle bedürfen dringend weitere Sanierungen. Den Schwerpunkt unserer finanziellen Anstrengungen müssen wir auf Kindertagesstätten, die Schulen und die Ganztagesbetreuung richten. Das müssen wir eben Schritt für Schritt angehen.

 

Noch kurz zu einem Thema, das wir seit Jahren anmahnen: Die Bearbeitung des Themas „Versorgung der Bevölkerung mit ambulanter Medizin. In der Kernstadt hat sich etwas getan: Ein Balinger Allgemeinmediziner hat mehrere Hausarztpraxen unter das Dach eines medizinischen Versorgungszentrums zusammengeführt. Und im neuen Württemberger Hof ist ein Ärztezentrum entstanden. Aber alles konzentriert sich auf die Kernstadt. Weiterer dringender Handlungsbedarf besteht im Bereich der Südstadt – Frommern, Weilstetten, Zillhausen, Streichen. Und auch im fachärztlichen Bereich gibt es weiter Mängel. Herr Oberbürgermeister, bitte nehmen Sie sich dem Thema an.


Immer größere Bedeutung für die Stadt - vor allem unter dem Aspekt Umsetzung der Energiewende - gewinnen die Stadtwerke mit Strom-, Gas-, Wasser- und Wärmeversorgung sowie Datennetzen und den angegliederten Bädern (Eyachbad, Lochenbad). Hier gehen wir mit einer neuen Leitung in die Zukunft. Es gilt hier besonders, strategisch Schwerpunkte zu setzen und sich nicht zu verzetteln. Sowohl im städtischen Kernhaushalt wie bei den Stadtwerken ist uns, der FDP-Fraktion, eine solide Haushaltsführung wichtig. Verschuldung für Investitionen in finanziell schwierigen Zeiten ist möglich. Die Verschuldung, die ja mit erheblichen Zinslasten verbunden ist, muss jedoch in einem Rahmen bleiben, der noch Handlungsspielräume für zukünftige Gestaltungen lässt. Dem Haushaltsplanentwurf für 2025 in der zuletzt vorgelegten Fassung, der Festsetzung des Wirtschaftsplanes 2025 der Stadtwerke und dem Wirtschaftsplan 2025 des Eigenbetriebs Gartenschau Balingen stimmen wir, die FDP-Fraktion, zu. Wir bedanken uns bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich für das Wohl unserer Stadt und das Miteinander im vergangenen Jahr eingesetzt haben und weiter einsetzen, sie mit Tatkraft oder auch finanziell gestützt haben. Wir danken der Verwaltungsspitze und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für das Engagement und die vertrauensvolle Zusammenarbeit, allen Ehrenamtlichen bei Vereinen jeder Art, Feuerwehr, Rettungsdiensten, sozialen Einrichtungen für ihr Engagement.

 

Dr. Dietmar Foth
Fraktionsvorsitzender FDP-Fraktion

 

 

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